Sie sind hier: Startseite » Markt » Tipps und Hinweise

Brisantes Thema Cloudwashing


Warum digitale Souveränität mit US-amerikanischen Partnern ein Märchen ist
Datensouveränität bedeutet die vollständige Kontrolle über eigene Daten – wo sie gespeichert werden, wer Zugriff hat und unter welchen rechtlichen Bedingungen sie verarbeitet werden


In den USA ansässige Cloud-Provider werben im europäischen Markt mit "Sovereign Clouds" und EU-konformer Datensouveränität. Unter Vorschriften wie dem CLOUD Act und FISA 702 bleiben europäische Daten jedoch niemals vor den USA geschützt. Wie funktioniert systematisches Cloudwashing, welche Risiken entstehen daraus für deutsche Unternehmen und welche Alternativen bieten echte Datensouveränität?

Roland Stritt, CRO beim deutschen Hard- und Softwarehersteller Fast LTA, erklärt, warum deutsche Datensouveränität mehr ist als eine technische oder rechtliche Frage.

Alles nur schöngewaschen?
Die großen US-Provider wie Microsoft, AWS und Google präsentieren europäische Rechenzentren, DSGVO-Compliance und Marketing-Siegel als Belege für Datensouveränität. Spätestens vor Ausschüssen und unter Eid wird jedoch klar: Europäische Daten bleiben im Zugriff US-amerikanischer Behörden – unabhängig davon, wo sie gespeichert sind.

Dieser Beitrag zeigt, warum viele dieser Versprechen nicht halten, was sie suggerieren, und wie geschickt Marketing-Rhetorik das Gefühl von Sicherheit erzeugt, wo in Wahrheit rechtliche Abhängigkeiten bestehen.

Zweifel am Schutz
Project Bleu, oder auch nur Bleu, ist der französische Versuch einer souveränen Cloud. Auf ihr sollen unter anderem alle nationalen Gesundheitsdaten Frankreichs gesammelt werden. Bleu ist ein Gemeinschaftsprojekt. Während Capgemini und Orange offiziell als Eigentümer genannt werden, gilt Microsoft lediglich als Technologiepartner, der eine von der globalen Microsoft-Cloud isolierte Azure-Umgebung zur Verfügung stellen soll. Das soll Schutz vor extraterritorialen Gesetzen bieten – Schutz vor dem US CLOUD Act, doch es gibt Zweifel an diesem Schutz.

Anton Carniaux, Chefjustiziar von Microsoft Frankreich, wurde am 10. Juni 2025 vor einen Senatsausschuss zitiert und befragt: "Können Sie vor unserem Ausschuss unter Eid garantieren, dass die Daten französischer Bürger, die Microsoft über die Ugap (französische staatliche zentrale Einkaufsgesellschaft des öffentlichen Sektors) anvertraut wurden, niemals auf Anordnung der US-Regierung ohne die ausdrückliche Zustimmung der französischen Behörden weitergegeben werden?" Seine Antwort war: "Nein, das kann ich nicht garantieren."

Das amerikanische Cloud-Triumvirat
Die drei großen US-Cloud-Anbieter AWS, Microsoft Azure und Google Cloud beherrschen den europäischen Markt, wobei ihr kombinierter Marktanteil laut einer aktuellen Studie der Synergy Research Group bei 70 Prozent liegt. Ihr Werben beschränkt sich dabei nicht auf die Vorteile bestimmter Serviceleistungen oder die technische Überlegenheit, vielmehr gleicht die Marketing-Rhetorik oft leeren Versprechen von Souveränität, die systematisch das fundamentale Problem kaschieren: Europäische Daten sind niemals vor dem Zugriff US-amerikanischer Behörden geschützt – unabhängig davon, wo sie physisch gespeichert werden. Und genau für diese Praxis des Verschleierns und Kaschierens gibt es einen passenden Begriff: Cloudwashing.

Die US-Rechtslage: das doppelte Zugriffsproblem
Zwei Vorschriften, denen sich Microsoft genauso wie die anderen US-Anbieter beugen muss, sind der CLOD ACT und FISA Section 702.

Der 2018 verabschiedete Clarifying Lawful Overseas Use of Data Act (CLOUD Act) stellt einen beispiellosen Bruch mit internationalen Rechtsnormen dar. Das Gesetz ermächtigt US-Strafverfolgungsbehörden, von amerikanischen Unternehmen die Herausgabe von Daten zu verlangen – unabhängig davon, wo diese Daten physisch gespeichert sind oder welche lokalen Gesetze deren Schutz vorsehen.

Noch problematischer ist Section 702 des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA 702), der ursprünglich für die Überwachung ausländischer Agenten konzipiert wurde, aber in der Praxis zur massenhaften Sammlung von Kommunikationsdaten aller Nicht-US-Bürger eingesetzt werden kann. Im Gegensatz zum CLOUD Act, der zumindest formell richterliche Anordnungen erfordert, operiert FISA 702 weitgehend im Verborgenen.

DSGVO-Konflikte – rechtliche Grauzone trotz Angemessenheitsbeschluss
Seit Juli 2023 existiert mit dem EU-US Data Privacy Framework (DPF) ein Angemessenheitsbeschluss der Europäischen Kommission für die USA. Dieser ermöglicht es zertifizierten US-Unternehmen, personenbezogene Daten aus der EU zu empfangen, ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen implementieren zu müssen. Microsoft, Amazon und Google sind allesamt unter dem DPF zertifiziert.

Das DPF ist jedoch nicht unumstritten: Nachdem sowohl das "Safe Harbor"-Abkommen als auch das "Privacy Shield" durch Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof gescheitert waren, ist dies nun der fragwürdige dritte Versuch der EU-Kommission, zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen einen rechtssicheren Rahmen für Datenübertragungen in die USA zu schaffen. Das strukturelle Problem, welches zum Scheitern der Vorgänger führte, wird dadurch jedoch nicht behoben: US-Unternehmen bleiben unverändert an den CLOUD Act und an FISA 702 gebunden.

Wie die großen Provider argumentieren – Datensouveränität als Illusion
Es scheint eine ausgeklügelte Strategie des Cloudwashing zu geben, denn bereits seit Jahren gibt es einige erkennbare Muster, die bei allen Anbietern immer auftauchen: die erfolgreiche Anfechtungen von Behördenanfragen, die "You control your data”-Illusion, der Server-Standort-Mythos und intransparente Transparenzberichte.

Datensouveränität bedeutet die vollständige Kontrolle über eigene Daten – wo sie gespeichert werden, wer Zugriff hat und unter welchen rechtlichen Bedingungen sie verarbeitet werden. Durch die Nutzung von AWS, Azure oder Google Cloud verlieren deutsche Unternehmen jedoch nicht nur die Kontrolle über ihre Daten, sondern auch die Fähigkeit, diese zurückzugewinnen. Einmal in US-Cloud-Systemen gespeichert, unterliegen Daten permanenter US-Jurisdiktion.

Die Probleme, die damit einhergehen, sind vielfältig:
>> Kein Schutz vor Industriespionage:
Produktentwicklungsdaten, Fertigungsverfahren und Kundenlisten in US-Clouds zu speichern, bedeutet, diese Informationen potenziell US-Konkurrenten zugänglich zu machen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Konkurrenz regierungsnah agiert und womöglich direkt mit den Geheimdiensten zusammenarbeitet.

>> Keine DSGVO-Compliance: Die DSGVO verlangt von Unternehmen, betroffene Personen über Datenverarbeitungen zu informieren, deren Zweck und Rechtsgrundlage offenzulegen und den Betroffenen umfassende Rechte über ihre Daten zu gewähren. US-Überwachungsgesetze verbieten diese Transparenz explizit.

>> Abhängigkeit: Vertrauliche E-Mails laufen über Outlook und plötzlich verliert der Benutzer seinen Zugriff darauf. So erging es Karim Khan, dem Chefankläger des ISG, nachdem er Haftbefehle gegen israelische Regierungsvertreter erwirkt und auf der US-Sanktionsliste gelandet war. Microsoft bestreitet einen Zusammenhang. Wer jedoch den USA ein Dorn im Auge ist, verliert. Dies stellt eine Gefahr auch für europäische Unternehmen dar.

Systematische Irreführung als Geschäftsmodell
Die Aussage von Anton Carniaux vor dem französischen Senat am 10. Juni 2025 war mehr als ein Eingeständnis – sie war die längst überfällige Offenlegung einer systematischen Täuschung, die das Fundament der europäischen Digitalwirtschaft untergräbt. "Non, je ne peux pas le garantir" – diese sechs Worte auf Französisch entlarven Jahre des Cloudwashings als das, was es war: organisierte Irreführung im großen Maßstab.

AWS, Microsoft und Google haben nicht aus Versehen verschwiegen, dass europäische Daten niemals vor US-Behördenzugriff geschützt sind. Sie haben bewusst und systematisch eine Marketingstrategie entwickelt, die Rechenzentrumsstandorte, technische Verschlüsselung und "Souveränität"-Labels als Sicherheitsfeatures bewirbt, obwohl sie wissen, dass diese Maßnahmen gegen den CLOUD Act und FISA 702 völlig wirkungslos sind.

Für deutsche Unternehmen ist die Konsequenz eindeutig: Echte DSGVO-Compliance und Datensouveränität sind nur mit europäischen Anbietern und Lösungen möglich, die ausschließlich europäischer Rechtsprechung unterliegen. Die deutsche Datensouveränität ist dabei nicht nur eine technische oder rechtliche Frage, sie ist auch eine Frage der strategischen Unabhängigkeit in einer zunehmend polarisierten Welt. Wer diese Souveränität an US-Konzerne abgibt, macht sich erpressbar und verliert die Kontrolle über das wertvollste Gut der Digitalwirtschaft: Daten. (Fast LTA: ra)

eingetragen: 27.11.25

Fast LTA: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Tipps und Hinweise

  • Existenzfrage: eine durchdachte Backup-Strategie

    Die Zahl der globalen Ransomware-Opfer ist um 70 Prozent gestiegen und 80 Prozent der Unternehmen waren in den letzten zwölf Monaten von mindestens einem Ransomware-Angriff betroffen. Social Engineering/BEC-Angriffe stiegen von 20 Prozent auf 25,6 Prozent im Vergleichszeitraum Januar-Mai 2025 zu 2024. Gleichzeitig werden SaaS-Plattformen zu immer attraktiveren Zielen für Cyberkriminelle, da sie in fast allen Unternehmen im Einsatz sind und oft als vermeintlich "sicher" eingestuft werden. Populäre Plattformen wie Microsoft 365, Google Workspace oder Salesforce sind dabei besonders im Fokus der Angreifer.

  • Lösung Multisession-Virtualisierung

    Globale Teams, heterogene IT-Landschaften und steigender Kostendruck: Moderne Unternehmen stehen vor enormen Herausforderungen. Besonders deutlich wird das beim Thema der digitalen Arbeitsplatzbereitstellung. Wie können Mitarbeitende weltweit flexibel, sicher und effizient arbeiten, ohne dass die IT-Abteilung an ihre Grenzen stößt?

  • Lösungsansatz: Mieten statt kaufen

    Wie schön wäre es, wenn IT, Soft- und Hardware einfach nur da wären und reibungslos funktionierten ? ohne, dass eine Heerschar an IT-Angestellten sich darum kümmern müsste. Gerade für KMU kann das IT-Management eine große Herausforderung darstellen: fehlendes qualifiziertes Personal, häufige Ausfälle, ungeplante größere Investitionen und Inkompatibilitäten zwischen neuer und bestehender IT. Wer da noch innovativ sein will oder muss, weiß bald nicht mehr, wie er das kostentechnisch und personell stemmen soll.

  • SEO bleibt - aber anders

    Nach Monaten des Wartens ist es so weit: Google rollt ihren neuen "AI Mode" auch in Deutschland aus. Nutzer können damit - ähnlich wie bei ChatGPT - direkt mit Google chatten und erhalten KI-generierte Antworten statt klassischer Suchergebnisse. Während einige Beobachter bereits vom Ende der herkömmlichen Google-Suche sprechen, sieht es Mare Hojc, Experte für GEO und KI-Sichtbarkeit in Chatbots wie ChatGPT, Perplexity und AI Overview und Gründer und CEO von AN Digital differenziert: "Der neue AI Mode ist revolutionär. Aber er wird sich nur langsam durchsetzen und die klassische Google-Suche wird nicht verschwinden. Es gibt durchaus Möglichkeiten, das eigene Unternehmen KI-ready zu machen."

  • XLAs: Der Mensch als Maßstab

    Über Jahrzehnte galten Service Level Agreements (SLAs) als Maßstab für gutes IT- und Servicemanagement: Wurde ein Ticket fristgerecht gelöst, war die Aufgabe erledigt. Doch in einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt zeigt sich: Diese Logik greift zu kurz. Effizienz allein entscheidet nicht mehr, ob Mitarbeitende zufrieden und produktiv bleiben. Gefragt ist ein neues Verständnis, das die tatsächliche Erfahrung der Menschen in den Mittelpunkt rückt.

  • Cloud-Souveränität immer stärker im Mittelpunkt

    Mit dem rasanten Fortschritt der digitalen Wirtschaft und dem Aufkommen zahlreicher neuer Technologien - allen voran Künstlicher Intelligenz (KI) - stehen europäische Entscheidungsträger vor einer neuen Herausforderung: Wie lässt sich ein innovatives Ökosystem regionaler Cloud-Anbieter schaffen, das sowohl leistungsfähige Lösungen als auch ausreichende Skalierbarkeit bietet? Und wie kann dieses Ökosystem mit internationalen Anbietern konkurrieren und zugleich die Abhängigkeit von ihnen verringern? Politik, Regulierungsbehörden, Forschungseinrichtungen und Industrievertreter in Europa konzentrieren sich darauf, wie der Kontinent seine Position im globalen Wettlauf um Cloud-Innovationen verbessern kann - ohne dabei die Kontrolle, Autonomie und Vertraulichkeit über europäische Daten aufzugeben, die andernfalls womöglich in anderen Märkten gespeichert, verarbeitet oder abgerufen würden.

  • Vom Nearshoring zum Smart Sourcing

    Aufgrund des enormen IT-Fachkräftemangels und der wachsenden Anforderungen von KI und digitaler Transformationen benötigen Unternehmen heute flexible und kosteneffiziente Lösungen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Für die Umsetzung anspruchsvoller Innovationsprojekte mit hohen Qualitätsstandards entscheiden sich deshalb viele Unternehmen für Nearshoring, da dieses Modell ihnen Zugang zu hochausgebildeten IT-Fachkräften in räumlicher und kultureller Nähe ermöglicht.

  • Sechs stille Killer des Cloud-Backups

    Cloud-Backups erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, da sie auf den ersten Blick eine äußerst einfache und praktische Maßnahme zu Schutz von Daten und Anwendungen sind. Andy Fernandez, Director of Product Management bei Hycu, nennt in der Folge sechs "stille Killer", welche die Performance von Cloud-Backups still und leise untergraben. Diese werden außerhalb der IT-Teams, die täglich damit zu tun haben, nicht immer erkannt, können aber verheerende Folgen haben, wenn sie ignoriert werden.

  • Datenaufbewahrungsstrategie und SaaS

    Die Einhaltung von Richtlinien zur Datenaufbewahrung sind für Unternehmen unerlässlich, denn sie sorgen dafür, dass wertvolle Informationen sicher gespeichert und Branchenvorschriften - egal wie komplex sie sind - eingehalten werden. Diese Governance-Frameworks legen fest, wie Unternehmen sensible Daten verwalten - von deren Erstellung und aktiven Nutzung bis hin zur Archivierung oder Vernichtung. Heute verlassen sich viele Unternehmen auf SaaS-Anwendungen wie Microsoft 365, Salesforce und Google Workspace. Die Verlagerung von Prozessen und Daten in die Cloud hat jedoch eine gefährliche Lücke in die Zuverlässigkeit der Datenaufbewahrung gerissen, denn die standardmäßigen Aufbewahrungsfunktionen der Drittanbieter entsprechen häufig nicht den Compliance-Anforderungen oder Datenschutzzielen.

  • Lücken der SaaS-Plattformen schließen

    Die zunehmende Nutzung von Software-as-a-Service (SaaS)-Anwendungen wie Microsoft 365, Salesforce oder Google Workspace verändert die Anforderungen an das Datenmanagement in Unternehmen grundlegend. Während Cloud-Dienste zentrale Geschäftsprozesse unterstützen, sind standardmäßig bereitgestellte Datenaufbewahrungsfunktionen oft eingeschränkt und können die Einhaltung der Compliance gefährden. Arcserve hat jetzt zusammengefasst, worauf es bei der Sicherung der Daten führender SaaS-Anbieter ankommt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen